In der Philosophiegeschichtsschreibung gehört die Biographie und Bibliographie von Philosophen neben der Erörterung ihrer Theorien zu den wichtigsten Aufgaben des Faches. Die Philosophie im Ausland und in fremden Kulturkreisen findet dabei nicht zuletzt infolge der Kritik am Eurozentrismus oder an den nationalen Schranken des Denkens ebenfalls Beachtung. Kleinere Nationen und Teilgebiete einzelner Länder sind nur selten Gegenstand philosophie- und wissenschaftsgeschichtlicher Betrachtung. Denn Philosophie und Wissenschaft gelten mit Recht als universale Betätigungsfelder des Menschen.*

Philosophen anhand ausgewählter Landesregionen darzustellen, dürfte sich aber in bezug auf die Übersicht über die Leistungen aller am Fach Beteiligten als ein fruchtbarer Ansatz erweisen. Er ist bereits im 19. Jahrhundert von Victor Philipp Gumposch unter anderem in seiner Arbeit "Die philosophische Literatur der Deutschen von 1400 bis auf unsere Tage" erprobt worden (Regensburg 1851, Repr. v. Lutz Geldsetzer, Düsseldorf 1967). 150 Jahre später läßt sich natürlich manche Lücke in bezug auf die von Gumposch referierten Forscher entdecken. Dies ist schon deswegen zu entschuldigen, weil es ihm gelungen ist, trotz seiner "topographischen" Methode, alle deutschen Landesteile bzw. Regionen zu berücksichtigen und damit eine auch schon für die damalige Zeit beträchtliche Materialfülle in den Griff zu bekommen. Über die Vorteile dieser Darstellungsweise für die Forschung hat er freilich nur unzureichend reflektiert, bestenfalls seine Absicht erklärt, über die reine Bibliographie hinaus eine "Geschichte der Bücher", d.h. Hintergrundinformationen zu den Forschungsstätten, Autoren und Rezensionen zu geben.

Die Motive für eine Darstellung der Fachgelehrten einer ausgewählten Region liegt vor allem in der "Erweiterung" der Perspektive auf weniger bekannte Philosophen, aber auch umgekehrt im Entdecken manchen berühmten "Sohnes" oder mancher bedeutenden "Tochter" einer Stadt. Darüber hinaus sind methodologische Einsichten für die Geschichtsschreibung der Philosophie zu erwarten. Das regionalgeschichtlich gesehen künstliche Gebiet Nordrhein-Westfalen eignet sich deswegen gut für dieses Projekt, weil durch eine biobibliographische Bestandsaufnahme von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, vor jeder Suche nach migrationstypischen Zusammenhängen, soziologischen Bezügen, "kulturellen Wurzeln" oder "regionalen Erfahrungen", Kriterien für Auswahlgesichtspunkte zu erarbeiten sind. Wie der kulturelle Beitrag von Wissenschaft diesbezüglich zu verstehen ist und welcher Typ von Erkenntnisgewinn erwartet werden kann, gehört dabei ebenfalls zu den Fragen der Forschung.

Daß die ausgewählte Region heute mit Blick auf Berlin und gesamtdeutsche Leistungen oder in Hinsicht auf traditionsreiche Zentren philosophischer Gelehrsamkeit wie Göttingen, Leipzig, Jena oder Halle als "peripher" angesehen werden könnte, bedeutet eine zusätzliche Herausforderung zu dieser Dokumentation. Die folgende Liste von Persönlichkeiten ist - unabhängig von weiteren Überlegungen zu Geburtsort, Wirkungs-, Arbeitsstätte - als ein erstes Arbeitsergebnis zu betrachten.

Eines der Hauptanliegen bestand darin, die Arbeit von Gumposch  in bezug auf Rheinland und Westfalen bis 1850 zu vervollständigen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ergeben sich also größere Lücken: Nur eine kleine Zahl der hier genannten Denker haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch gelebt. Philosophen, die nach den sechziger Jahren des 19. Jahrunderts geboren wurden, sind schon nicht mehr berücksichtigt worden. - So wurde zwar der in Bonn promovierte und habilitierte Theodor Lipps (1851-1914), aber nicht der in Düsseldorf geborene Theodor Litt (1880-1962) aufgenommen.

Insgesamt wurde in dieser ersten Zusammenstellung von Gelehrten aus Nordrhein-Westfalen recht großzügig verfahren: Es finden sich hier manche Philologen, Physiker, Ärzte, Theologen, Dichter und Zeitkritiker, bei denen die Grenze zum Erforscher der antiken Philosophiehistorie, die Grenze zur Natur-, Religions-, Rechts- oder Sozialphilosophie nicht genau zu ziehen war.

Einige Daten konnten noch nicht im wünschenswerten Maße überprüft werden. Dies gilt insbesondere für fehlende Druckorte und für manche Mängel hinsichtlich der Unterscheidung, ob es sich bei alten Titeln um eine Manuskript- oder bereits um eine Druckfassung handelt. Für Anregung und Kritik ist der Autor dankbar.

A   -   L
Agrippa von Nettesheim, Heinrich C.
Arndt, Ernst Moritz
Baeumker, Clemens
Bartholomäus von Köln
Bauer, Bruno
Bender, Wilhelm
Bergbohm, Karl Magnus
Bergmann, Julius
Beurhusius, Friedrich B.
Biese, Alfred
Biunde, Franz Xaver
Brandis, Christian August
Brüning, Johann Anton
Buschius, Hermann
Calker, Friedrich van
Camener, Timann
Cäsarius, Johann
Clauberg, Johann
Clemens, Fritz Jacob
Cornäus, Melchior
Delbrück, Johann Friedrich  Ferdinand
Deusing, Anton
Deussen, Paul
Dietzgen, Joseph
Droste-Hülshoff, Clemens  August
Düring (Döring), August E. L.
Ebbinghaus, Hermann
Eberhard de Amsfordia
Eckhart, Johannes
Elsas, Adolf
Elten, Gerald de
Engels, Friedrich
Esser Wilhelm
Fabricius, Franz
Fabricius, Theodor
Fichte, Immanuel Hermann
Gansfort, Johann
Gottschalk Gresemund de  Meschede
Grün, Karl
Hagemann, Johann Georg
Hamann, Johann Georg
Harderwyck, Gerard
Hast, Johann
Hegius, Alexander
Heine, Heinrich
Heinrich von Andernach
Heinrich von Gorkum
Helmholtz, Hermann von
Hertling, Georg Friedrich Graf v.
Hertz, Heinrich
Hilgers, Bernhard Joseph
Immermann, Karl Leberecht
Jacobi, Friedrich Heinrich
Johann Wyrich
Jungmann, Joseph
Kapp, Ernst
Kleuker, Johann Friedrich
Kleutgen, Joseph
Knoodt, Peter
Kreutzhage, Alb.
Kuhlenbeck, Ludwig
Lamprecht, Karl
Lange, Friedrich Albert
Lassen, Christian
Latomus, Bartholomaeus
Lehmann, Rudolf
Lehmen, Alfons S.J.
Lindner, Theodor
Lipps, Theodor
Lupus, Christian
Lütgenau, Franz


* Die allgemeinen Erkenntnisansprüche der Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte lenken das Interesse auf die wesentlichen Ergebnisse, Perioden und auf die bedeutenden Persönlichkeiten, wo immer diese auch gewirkt haben. Unterhalb eines bestimmten Bekanntheitsgrades bleiben die meisten Forscher daher in der Regel unentdeckt. Sie werden allenfalls in den verschiedenen Ausgaben von "Kürschners deutschem Gelehrtenkalender", in Vorlesungsverzeichnissen oder in Darstellungen zur örtlichen Universitätsgeschichte genannt. Auch die Regionalforschung kann diesen Mangel nicht ausgleichen. Sie befaßt sich wegen der Stadtgeschichte, Landschaftsforschung oder der Wirtschaftsgeographie zwar mit Gebieten kleinerer Untergliederung, schließt aber wissenschaftliche Entwicklungen aus ihren raumbezogenen Betrachtungen aus. Eine rühmliche Ausnahme bildet die seit 1983 laufende "Nordrhein-westfälische Bibliographie", hrsg. von den Universitäts- und Landesbibliotheken Düsseldorf und Münster, Düsseldorf 1984ff., in dem der "räumliche Bezug" zu Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auch Veröffentlichungen der im Lande tätigen Wissenschaftler einschließt.


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