1. Der Shinto 

Shinto , japanisch: Kami no michi = "Der Weg der Götter" oder Lehre vom "Geistesdao" ist die einheimische Mythologie und Religion, die grundsätzlich alle Teile und Bereiche der Wirklichkeit vergöttlicht und jeweils ausgewählten Exemplaren dieser Wirklichkeit einen spezifischen Kult widmet. Diese Gegenstände repräsentieren dann als "Symbole" das Göttliche ( Shin, kami) und werden in den Shintotempeln (Schreine) aufbewahrt und verehrt. Derartige Kultgegenstände sind etwa Bronzespiegel (für den Kult der Sonnengöttin Amaterasu), Steinkugeln, Schwerter, auch besondere Schriften (kotodama, die als norigoto = "Wortgeister" gebethaft an die Götter gerichtet werden).

            Über den Kult in besonderen Schreinen hinaus zeigt sich populärer Naturkult in der Verehrung mancher ausgezeichneter Örtlichkeiten (z. B. des Fujiama) wie auch in vielerlei Volkssitten wie dem Hanami (Blütenschau im Frühling, besonders Kirschblütenschau), Bonsai (Miniaturpflanzenpflege), Ikebana (Blumenstecken), Chanoyu (Teezeremonie), Geishakult (Kult der Fraulichkeit), Bushido ("Weg des Kriegers", Kult der Männlichkeit), Ahnenkult, Yamatokult (Kult der japanischen Inseln als Götterland), Tennokult (Kaiserverehrung als Kult der Sonnengöttin Amaterasu und ihrer kaiserlichen Nachkommenschaft).

            Der Shinto wurde erst nach dem Vorbild und in Auseinandersetzung mit konfu-zianischer und buddhistischer Staatstheologie eine gelehrte "Theologie" bzw. Philosophie. Die Grundeinstellung des Shinto ist sensualistisch (Die Wirklichkeit ist sinnlich erfaßbar und nur das so Erfaßte ist real) und ästhetizistisch (Das Wesen der einzelnen Wirklichkeitsbereiche zeigt sich in ihren schönsten und kultisch stilisierten Exemplaren). Entsprechend bildet der Shinto auch die japanische Rezeptionsunterlage für buddhistische (und damit auch daostische) Theorien, die nach shintoistischem Verständnis nur beweisen, daß sich hinter dieser sinnlichen Natur "Nichts" anderes mehr ausmachen lässt.

 

Bedeutende Vertreter des (neueren) Shinto sind:

Keichu (164o-1701), der das in Japan berühmte Manyoshu (Tausend-Blätter-Buch) aus dem 7. bis 8 Jahrhundert, eine Gedichtanthologie, als frühes Dokument rein japanischen Geistes deutete.

Kada Azumamaru (1668 - 1736): Denkschrift: Kokka no gaku (Aufruf zur Pflege einer "Landeswissenschaft" von den einheimischen Shintotexten und -dokumenten),

Kamo Mabuchi (1697 - 1769), wie Keichu Philologe von Rang und Manyoshuforscher.

Motoori Norinaga (1730 - 1801): Programm des Fukko" ("Rückkehr zum Alten"),

Hirata Atsutane (1776 - 1842): Propagiert den Tennokult als Wesen des Shintoismus,

Muraoka Tsunetsugu (1884 - 1846): Shintoshi: Nihon Shintoshi Kenkyu (Geschichte des Shinto: Studien zur Geistesgeschichte des Shinto), Tokio 1956,

Miyagi Naokazu (1885 - 1947): Shintoshi (Geschichte des Shinto), Tokio 1957 ff.

Matsumura Takeo: Nihon Shinwa no Kenkyu (Studien zum japanischen Shintodenken), 4 Bände, Tokio 1954 -1958.

Literatur:

Kato Genchi, A study of Shinto: The religion of the Japanese nation, Tokio 1926; E. Schiller, Shinto, 1910, 2. Aufl. 1935; W.W. Aston, Shinto, the way of the Gods, London 1905; Karl Florenz, Die historischen Quellen der Shinto-Religion, Leipzig 1919; Nelly Naumann, Die einheimische Religion Japans, Teil I: Bis zum Ende der Heian-Zeit, Leiden-New York-Köln 1988; diesselbe, Die Mythen des alten Japan, München 1996.

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