Gerda Kaltwasser Textforum

Nur die Hausgeister der Flora durften auftreten

Bilderbogen über 90 Jahre auf der Schulbühne

Sie priesen nicht mit viel schönen Reden das 90jährige Bestehen ihrer Schule, sie demonstrierten es auf der Bühne der gut hergerichteten Aula ihres ehrwürdigen Schulhauses: Die Mädchen und Jungen der Realschule an der Florastraße, die einst als Mädchen-Mittelschule begonnen hatte. Schulleiterin Adelheid Kolb begrüßte die Gäste, darunter Ratsherr Hans Funk (CDU) vom Schulausschus und Vertreter des Stadtbezirks 3, in dem die Floraschule eine bedeutende Stelle als Lehrinstitut hat. Die Bilker Heimatfreunde waren vertreten, aber auch der für die Existenz einer Schule so wichtige Nachwuchs, die Kinder einer Grundschule des Bezirks.

Dann ging’s gleich hinein in die Geschichte. Kunsterzieher Walter Borgerding hatte es übernommen, durch das Geschehen zu führen. Da gab es manches zu belächeln. Aber die blauen Schulmützen aus Kaisers Zeiten wirkten eigentlich ganz modisch. Der Chor kommentierte die Entwicklung musikalisch. Schulleiterin Kolb hatte gebeten, die Szenenfolge nicht durch Beifall zu unterbrechen. Spätestens beim Walzer mit richtigem Turnierpaar konnten die Gäste ihre Hände nicht mehr ruhig halten. Es musste geklatscht werden. Erster Weltkrieg mit Fußlappen nähen und Binden wickeln für die Soldaten an der Front. Schulfest unter französischer Besatzung, da durfte kein politisches Wort fallen, durften nur „die Hausgeister der Flora“ auftreten. Nazizeit mit Hitlergruß und Drohungen, wieder Krieg, Bomben, von denen die Floraschule zum Glück weitgehend verschont blieb.

Neunzig Jahre ist sie jung, das Schulhaus selbst ein Baudenkmal, mit noch erhaltenem mehrfarbigem Plattenfußboden im Treppenhaus und einem blühenden Schulleben, von dem sich am Nachmittag bei Kaffeetafel und Rundgang einige hundert „Ehemalige“ überzeugen konnten.

Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post. Düsseldorfer Stadtpost, 17. April 1989