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Die Widersacherin Napoleons


Germaine de Staël verehrte Napoleon anfangs als Helden und setzte in ihn die Hoffnung auf Umsetzung der Prinzipien von 1789, vor allem der Meinungsfreiheit. Als erkennbar wurde, dass er nicht nur der Revolution, sondern auch der Republik eine Ende machen wollte, sparte Madame de Staël nicht mit Kritik und übte ihren Einfluss aus, den Napoleon bald zu spüren bekam: "Immer wenn man mit ihr zusammen war, ist man mir weniger gewogen."
Als intellektuelle Frau, engagierte Liberale und als Schriftstellerin, die sich zudem dem Schweigegebot Napoleons widersetzte, war sie in Paris nicht erwünscht. Aber trotz der Warnung Napoleons, sie könne nur dann ungestört in Paris leben, wenn sie sich still verhalte, ließ sie sich das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht nehmen: "Es geht nicht um das, was Sie wünschen, sondern um das, was ich denke."
Diese politische Gegnerschaft gipfelte 1802, als Napoleon für zehn Jahre zum Konsul gewählt wurde, in der Verbannung Germaine de Staëls aus Paris. Damit traf Napoleon die Frau, die Paris als ihre geistige Heimat ansah und dort Geselligkeit und Gesprächspartner fand, im Kern. Indirekt wirkte Napoleon durch die Verbannung jedoch daran mit, sie zu jener einflussreichen Figur der politischen Szene Europas zu machen, die Germaine de Staël in ihren letzten Lebensjahren war.

1810, während sie im Exil in der Schweiz am dritten Band ihres Werks De l'Allemagne arbeitete, zwang Napoleon die Gegnerin, alle Manuskripte, Notizen und Korrekturbögen herauszugeben und verbrannte sie eigenhändig im Kamin. Das Ergebnis von sechs Jahren Arbeit war somit zerstört. Ihre Freunde begannen sich zurückzuziehen, und sie lebte völlig isoliert, wie sie in einem Brief schrieb: 
"Der neue Präfekt lauert meinen Freunden unterwegs auf, um sie davon abzuhalten, mich zu besuchen, und gibt mir immer wieder zu verstehen, dass alles ein Ende hätte, wollte ich mein Werk ändern und das hinzufügen oder streichen, was die heutige Zeit verlangt." 
Aber ihren Wunsch nach freier Meinungsäußerung ließ sie von nichts und niemandem unterdrücken. Erst nach Napoleons Abdankung 1814 konnte seine Widersacherin nach Paris zurückkehren.

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