WIEDERKEHR DER FOLTER?

Veranstaltungen/Tagungen

Das Trauma und die Folgen. Zum aktuellen Forschungsstand der 
Psychotraumatologie in Medizin und Psychologie.

Internationale Tagung Giessen, 1. – 3. September 2011
Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie (Direktor Prof. Dr. med. Johannes Kruse)
 

Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte des individuellen Unglücks und gemeinschaftlicher Katastrophen. Mord und Totschlag, Kriege, tödliche Epidemien und Naturkatastrophen sind in den ältesten Schriften dokumentiert. Extreme, von Menschenhand ausgeführte Gewalt zeigt sich in vielen Formen, im Missbrauch und der Misshandlung, als kriminelles Vergehen, in der Folter und Vergewaltigung, im Amok, im Massenmord.
Folgen der extremen Gewalt sind schwerste und lang anhaltende Traumatisierungen, die sich auf körperlicher, psychischer, kognitiver und sozialer Ebene zeigen. In der Klinik sind wir aber nicht nur mit den Symptomen der Posttraumatischen Belastungsstörung sondern vielfach auch mit Persönlichkeitsveränderungen, Angststörungen, Depressionen, Somatisierungsstörungen und Schmerzsyndromen als Folgen konfrontiert. Und: nicht nur der einzelne Betroffene sondern Familien und ganze Gesellschaften gehen traumatisiert aus Brüderkriegen oder Massenvernichtung über mehrere Generationen hervor. 
Seit etwa 150 Jahren, dem Beginn der Industrialisierung und verstärkt als Reaktion auf die Folgen des Ersten und Zweiten Weltkriegs, beschäftigen sich Human- und Naturwissenschaftler mit traumatisierten Menschen, sie haben verschiedene Vorschläge und Kriterien für Diagnose und Therapie erarbeitet. Heute erscheint uns die Traumaforschung in ihrer Bandbreite kaum überschaubar, sie hat sich in den Fachdisziplinen mehr und mehr ausdifferenziert. Dennoch haben die Untersuchungen zum Thema nicht nur in der Medizin, in der Neurobiologie und Psychologie zu wichtigen neuen Erkenntnissen und Behandlungsmöglichkeiten geführt, sondern auch die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sowie die politischen Systeme erreicht. 

Auf welches Trauma-Konzept können wir uns heute bei dem Thema extreme interpersonelle Gewalt, den sogenannten „man-made-desasters“ verständigen? Welche Ergebnisse haben die neuesten Forschungen in der Neurobiologie und Neuroendokrinologie erbracht? Was ist „state of the art“ bei den Studien zu Traumafolgeerkrankungen und wohin entwickelt sich die diagnostische Forschung? Gibt es neue Entwicklungen in der Traumatherapie, die der Komplexität gerecht werden?

Auf der internationalen Tagung in Giessen wollen wir Experten aus den relevanten Fachgebieten zu Wort kommen lassen. Neueste Erkenntnisse der Traumaforschung, Konzepte und Forschungsperspektiven sollen vorgestellt und diskutiert werden.    

Das Programm der Tagung finden Sie hier.

 

Folter vor Gericht

Tagung am 17. und 18. Juni 2011 im Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf

Berichte über Foltererfahrungen waren nicht nur in der Vergangenheit, sondern sie sind auch heute noch oftmals Gegenstand von asylrechtlichen Verfahren. Doch was genau verstehen die an den Asylverfahren beteiligten Mediziner, Psychologen, Rechtsanwälte und Richter unter Folter? Denn die Definition von Folter hängt regelmäßig von dem jeweiligen Betrachter und den eigenen Vorstellungen der verschiedenen Disziplinen ab.

Im Rahmen des medizinisch-rechtswissenschaftlichen Teilprojekts soll daher auf der Tagung zum Thema „Folter vor Gericht“ der multidisziplinäre Ansatz des Forschungsprojekts fortgesetzt werden. Durch die Beteiligung von Medizinern, Psychologen und Juristen soll vor allem der gegenseitige fachliche Austausch der an Asylverfahren Beteiligten ermöglicht und weiter vertieft werden.

Ziel der Tagung soll sein, den Umgang mit Folteropfern und deren Begutachtung in asylrechtlichen Verfahren kritisch zu hinterfragen. Was wird in den verschiedenen Disziplinen unter Folter verstanden? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse bestehen heute über Folterfolgeerkrankungen? Wie sieht der Umgang mit Folteropfern in Deutschland aus? Welche Standards existieren hinsichtlich der medizinisch-psychologischen Begutachtung von Folteropfern? Können Folteropfer ihre Erlebnisse vollständig, kohärent und detailreich wiedergeben und wie wird die Glaubhaftigkeit der Aussagen bewertet? Wie weit sind die europäischen Harmonisierungsbestrebungen im Asylrecht vorangeschritten?

Kontakt:

Ina Hagemeier, Lehrstuhl für Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Medienrecht, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf,E-Mail: ina.hagemeieruni-duesseldorfde

Mareike Hofmann, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Justus Liebig-Universität Gießen, Ludwigstr. 76, 35392 Gießen,E-Mail: mareike.hofmannpsycho.med.uni-giessende

Das Programm erhalten Sie hier.

 

Folterbilder und –narrationen:
Verhältnisse zwischen Fiktion und Wirklichkeit

Eine Tagung des Forschungsprojektes „Wiederkehr der Folter?" am 11. und 12. November 2010, Vortragssaal der Universitäts- und Landesbibliothek (11.11.) und Großer Sitzungssaal der Philosophischen Fakultät (12.11.)

Prof. Dr. phil. Reinhold Görling, Institut für Medien- und Kulturwissenschaft, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Prof. Dr. med. Johannes Kruse, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Justus-Liebig-Universität Gießen

Bilder von Folterungen und von gemarterten Körpern kennen wir seit der Antike, doch in den vergangenen Jahren häufen sich Bilder und Narrationen in Literatur und Film. Diese zunehmende mediale Präsenz steht in einem widersprüchlichen Verhältnis zu den Ergebnissen aus der medizinischen und psychologischen Forschung über die körperlichen, psychischen, sozialen und insbesondere kognitiven Auswirkungen der Folter auf die Opfer. Denn Gedächtnisleistungen und Erinnerungsfähigkeit werden durch die Extremtraumatisierung nachhaltig gestört. Traumatisierte können erst allmählich eine verbale Erzählung aus ihren sensorisch-affektiven Erinnerungen konstruieren. Woher genau kommen also die „Darstellungen“ des „nicht Darstellbaren“, welche Übersetzungen finden wir vor und wie verhalten wir uns gegenüber diesen Narrationen? Kulturelle Narrationen suchen nicht selten in extremen traumatischen Ereignissen eine Art Verankerung. Wie ist diese Spannung zu verstehen? In welcher Beziehung stehen psychische und mediale Repräsentationen der Folter? Welches Verhältnis besteht zwischen Bild, Szene und Narration der Folterrealität und der medialen fiktiven Verarbeitung?

Keynote: Dori Laub (New Haven), Referenten und Referentinnen: Rosmarie Barwinski (Winterthur), Julia Bee (Düsseldorf), Reinhold Görling (Düsseldorf), Franziska Henningsen (Berlin), Linda Hentschel (Berlin), Angela Koch (Bochum), Johannes Kruse (Gießen), Franziska Lamott (Ulm), Elke Mühlleitner (Gießen), Christian Schneider (Frankfurt), Mechthild Wenk-Ansohn (Berlin), Volker Woltersdorf (Berlin), Michaela Wünsch (Berlin), Dima Zito (Düsseldorf)

Kontakt: Julia Bee, M.A., Institut für Medien- und Kulturwissenschaft, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf, Email: julia.beephil-fak.uni-duesseldorfde
Dr. Elke Mühlleitner, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Justus Liebig-Universität Gießen, Friedrichstraße 33, 35392 Gießen, Email: elke.muehlleitnergmxde

Weitere Informationen und das Programm erhalten Sie hier

 

Folter und Rechtsstaat

Symposium am 18. und 19. Juni 2010 auf Schloß Mickeln in Düsseldorf

Die Bedingungen unter denen Folter zulässig sein könnte, werden in jüngster Zeit nicht nur in Bezug auf den „Krieg gegen den Terrorismus“ debattiert, sondern auch im Hinblick auf die so genannte „Rettungsfolter“. Dass insbesondere die Abschaffung der Folter als Teil des von der Aufklärung verpönten Inquisitionsprozesses von der Rechtsgeschichte stets als Meilenstein auf dem Weg zum Rechtsstaat gefeiert wurde und das Verbot der Folter einen zentralen Bestandteil des Selbstverständnisses zumindest der westlichen Rechtssysteme ausmacht, scheint dabei zunehmend in Vergessenheit zu geraten.

Im Rahmen der rechtshistorischen Teilstudie zur historischen Entwicklung der Ächtung der Folter sollen auf dem Symposium „Folter und Rechtsstaat“ am 18. und 19. Juni 2010 die vielfältigen Erscheinungsformen und -funktionen, die die Folter auch nach ihrer im 18. Jahrhundert in allen europäischen Staaten zunehmend proklamierten Abschaffung besaß, diskutiert werden. Im Fokus sollen dabei beispielsweise die Ungehorsams- und Lügenstrafen des Untersuchungsprozesses des 18. Jahrhunderts ebenso stehen wie die von Polizei und Militär nicht nur in den Kolonien ausgeübten Folterdelikte. Welcher Wandel der Funktion, aber auch Inszenierung der Folter lässt sich dabei feststellen und in welchem Verhältnis steht dieser zu dem sich wandelnden Menschenbild und der proklamierten Ächtung der Folter? Gab es, abseits der Ächtung und demonstrativen Distanzierung von der dem „dunklen Mittelalter“ zugeschriebenen Folter, einen zeitgenössischen Diskurs über Folter und physische oder psychische Gewalt im Rahmen des Strafverfahrens?

Ausführliche Informationen zur Tagung erhalten Sie hier

Ein Tagungsbericht ist erschienen in der Juristenzeitung JZ 1, 2011, S. 33-34.

 

Folter und Zukunft

Internationale Konferenz am 25. und 26. Juni 2009 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Folter bedroht die sozialen Grundlagen unserer Gesellschaften, weil die intendierte Zerstörung der Integrität eines Menschen die Basis eines notwendigen sozialen Vertrauens angreift. Sie wirkt unmittelbar zerstörerisch auch auf die sozialen Gruppen, die mit den Opfern von Folter in Beziehungen stehen. In ihrer traumatischen Wirkung, in ihrer Zerstörung oder nachhaltigen tiefen Beeinträchtigung der psychischen und sozialen Grundlagen des Lebens kann die Erfahrung der Folter nicht in das Leben der Opfer integriert werden. Folter ist von daher nicht nur in ihrer theatralen Inszenierung  eine direkte Einschreibung von Geschichte in den Körper des Opfers. Sie reißt Wunden in die Welt der Opfer und ihrer Gemeinschaften. Sie ist eine Erfahrung, die nicht in eine soziale Vorstellung von Welt integriert werden kann und gerade deshalb die Beteiligten in die Geschichte bindet. Wie ein Wiederholungszwang versperrt sie die Zukunft.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer u.a.:
David Becker (Berlin), Werner Bohleber (Frankfurt), Denis Goldberg (Kapstadt), Susanne Krasmann (Hamburg), Gabriele Schwab (Irvine), Françoise Sironi (Paris), Elisabeth Weber (Santa Barbara)

Ausführliche Informationen zur Tagung erhalten Sie hier