HEINEAGE

Konzepte des Alterns in der Kunst vom 16. bis zum 20. Jahrhundert

Team: 
Univ.-Prof. Dr. Andrea von Hülsen-Esch, Institut für Kunstgeschichte
Dr. Stefanie Knöll, Institut für Geschichte der Medizin

Ergebnis:
Die Tradition der Auseinandersetzung mit dem Alter, der Vergänglichkeit und dem Prozess des Alterns in Kunstwerken wurde im Rahmen der Ausstellung Zum Sterben schön! Alter, Totentanz und Sterbekunst von 1500 bis heute (vom 6. September bis 26. November 2006 im Museum Schnütgen, Köln, vom 3. Dezember 2006 bis 21. Januar 2007 im Goethe- Museum, Düsseldorf und vom 11. Februar bis 15. April 2007 in der Kunsthalle Recklinghausen) mit den Exponaten außergewöhnlicher Grafiken und kleinplastischer Skulpturen thematisiert. Die den Prozess des Alterns berührenden Themenkomplexe, die durch die Exponate repräsentiert wurden, waren das Motiv der vanitas, des memento mori und das aus dem Totentanz stammende Motiv „Der Tod und dasMädchen“ (die Gegenüberstellung von jungen schönen Frauen und verwesenden alten Männern).

Sowohl die Ausstellungskonzeption als auch der begleitende wissenschaftliche Ausstellungskatalog und die jeweiligen, die unterschiedlichen Schwerpunkte der einzelnen Ausstellungsorte thematisierenden Begleithefte erhellten anhand der Objekte den Zusammenhang zwischen den äußeren Bedingungen, den religiösen Wertvorstellungen und dem zeitspezifischen medizinischen Wissen um die Wirkungen des Alterns auf den Körper. Dabei gelang es im Rahmen der kunsthistorischen Beiträge des Katalogbandes nachzuweisen, dass die Thematisierung des Alters etwa bei Heiligendarstellungen auf spezifische Altersdiskurse reagiert und wirkt. Die Bedeutung des Alters in historischer Perspektive wurde außerdem in den die Ausstellung begleitenden Podiumsdiskussionen sowie in dem für die Schulen erarbeiteten Begleitmaterial zur Ausstellung auf der Website www.zumsterbenschoen.info erörtert.

Ein Schwerpunkt der weiteren Forschungen betraf die kulturellen Variationen von Alter in der bildenden Kunst: Hier ist es der Typus der "hässlichen Alten" in Form einer "zänkischen Alten", der eine Variation von Alter darstellt, für deren Entstehung es bislang in der Forschung keinen Erklärungsansatz gab. Durch den Vergleich dieses Motivs mit der zeitgenössischen Literatur konnte hier erstmals eine Interpretation vorgelegt werden, die die Beziehung zwischen dem Prototyp einer alten zänkischen Frau und einem Satyr als diejenige zwischen einer alten Frau und einem Teufel erhellt und das Motiv damit in einen völlig anderen Kontext stellt. 

Geklärt werden konnte auch die Entstehung des Bildmotivs "Der Tod und das Mädchen": Dieses offenbarte sich als eine kulturelle Variation einer spezifischen Vorstellung von Alter; hier hat sich gezeigt, dass dieses Motiv nicht, wie bisher angenommen, eine Vereinzelung aus der monumentalen Berner Totentanzfolge ist, sondern dass es der frühen Druckgrafik und deren Auseinandersetzung mit dem vorzeitigen und grausamen Tod – im Gegensatz zum Tod im Alter – entstammt.

Die Vorstellungen von den die Gesellschaft prägenden Altersstufen und Generationenfolgen in der Kunst stellten einen weiteren Forschungsschwerpunkt dar. Es konnte gezeigt werden, dass Hans Baldung Grien offensichtlich die früheste bislang bekannte weibliche zehnstufige Lebensalterdarstellung geschaffen hat, die auf die noch junge Bildform der Lebenstreppe Bezug nimmt.

Außerdem ergab eine Analyse der Darstellungen von Großeltern mit ihren Enkeln, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, dass das Verhältnis der Großeltern zu ihren Enkeln geschlechtsspezifisch definiert war: Während Großmütter meist in der Rolle der Gebenden waren, standen Großväter immer öfter auf der Seite des Empfangenden und für seine Hingabe und Fürsorge Entlohnten.

Homepage des Teilprojektes
Homepage der Ausstellung Zum Sterben schön!

 

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