Alle Artikel mit dem Schlagwort: 2011

Berlinale-Nachlese: „Vampire“ von Iwai Shunji

Einer fehlt noch: Mit einiger Verspätung folgt hier die Besprechung des Berlinale-Films „Vampire“ – ein japanischer Film und doch auch wieder nicht. Iwai Shunji ist der bekannteste japanische Regisseur, der in diesem Jahr auf der Berlinale zu Gast war. Filme wie „Swallowtail Butterfly“ (1996) oder „All about Lily Chou-Chou“ (2001) sind auch hierzulande vielen Cineasten bekannt. Mit seinem neuen Werk „Vampire“ betritt Iwai dahingehend Neuland, dass er den Film komplett in Kanada gedreht und produziert hat. Die Arbeit im Ausland mit englischsprachigen Schauspielern war für Iwai nichts völlig Neues, schon in seiner Anfangszeit als Regisseur kam Iwai nach Europa und in die USA, um Musikvideos zu drehen. Mit dem Episodenfilm „New York, I Love You“, an dem sich u.a. auch Fatih Akin beteiligte, hat Iwai 2009 erstmals die große Bühne des internationalen Filmgeschäftes betreten. „Vampire“ ist nun ein neuer Schritt in Iwais Karriere, was allerdings nicht heißt, dass der Film kein typischer Iwai-Film ist, im Gegenteil. Wie in früheren Werken widmet sich Iwai mit großer Aufmerksamkeit solchen Menschen, die ihren Platz in der Gesellschaft nicht …

Berlinale-Nachlese: Kazoku X („Household X“)

Kazoku X ist einer der Filme, die den ungeübten Berlinale-Zuschauer auf die Geduldsprobe stellen: Man sieht, wie eine Frau die Wohnung sauber macht, die Platzsets auf dem Tisch akkurat ausrichtet, sich ein Glas Wasser einschenkt. Ein Mann im Anzug sitzt spät abends im Café und studiert Computer-Bücher. Ein junger Mann arbeitet nachts auf einer Baustelle und muss sich sagen lassen, dass er die Kehrbewegungen falsch ausführt. Die Kamera lässt sich sehr viel Zeit, eine dreiköpfige japanische Familie bei ihren täglichen Verrichtungen zu beobachen. Es gibt kaum Dialoge und keine Musik, die das alltägliche Nebeneinander der drei Menschen untermalen würde. Wie Kurosawa Kiyoshis Tokyo Sonata (2008) ist Kazoku X ein Film, der sehr deutlich zeigt, welche Auswirkungen mangelnde Kommunikation auf das Leben in einer Familie haben kann. Während sich in Tokyo Sonata die Familienmitglieder aber zumindest noch zum Essen an einen Tisch setzen, um sich anzuschweigen, kommt es in Kazoku X nicht ein einziges Mal dazu, dass Vater, Mutter und Sohn zusammen essen. Der Esstisch – eigentlich das Zentrum des Familienlebens – wird nur noch von …

Japan bei der Berlinale: Sekai good Morning!

Wie man sich als Oberschüler fühlt weiß der Regisseur Hirohara Satoru, der bei der Berlinale seinen Film Sekai Good Morning („Good Morning to the World“) präsentierte, bestimmt noch ziemlich genau: Schließlich ist er gerade einmal 24 Jahre alt. Hiroharas Protagonist, der 16-jährige Yuta, der von seine Freunden „Jamira“ genannt wird, hat die besten Voraussetzungen, um ein „Problemjugendlicher“ zu werden. Seine Mutter sieht er nur gelegentlich abends, wenn sie völlig übermüdet von der Arbeit zurückkehrt, zwei Obentôs auf den Tisch stellt und sich mit riesigen Bierdosen tröstet. Seinen Vater kennt er nicht, in der Schule ist er eher ein Außenseiter. Yuta hat sich einige Strategien ausgedacht, mit denen er seiner Verlassenheit begegnet. Er bespricht Tonbänder, obwohl er weiß, dass sie niemanden interessieren, und er macht sein Bett zur Bühne, auf der er nur für sich bis zur Erschöpfung Luftgitarre spielt. Den Zuschauer lässt der Regisseur diese Szenerie wie durch eine Glasscheibe beobachten. Mit der immer gleichen Einstellung fällt der Blick frontal in das Zimmer, es gibt keine Schnitte, keine Details. Wie als hätte man die Wand …