Austausch und Japanaufenthalt, Studierendenberichte

Japanaufenthalt in Corona-Zeiten: Ein Bericht

Als einzige unserer Studentinnen hat es Ariane Hertel dieses Semester nach Japan geschafft – und sie ist auch die Einzige, die an der Ferris-Universität in Yokohama ein Austauschsemester angetreten hat. Hier schildert sie, wie sich das Leben in Japan ohne Campusleben und ohne Freizeitangebote anfühlt.

Seit dem 1. März 2020 bin ich in Japan. Was ursprünglich geplant war als ein bisschen Urlaub, bevor mein Auslandsstudium beginnt, hat sich als glücklicher Zufall erwiesen, denn so war ich als eine von ganz wenigen in Japan, bevor am 21. März bereits ausgestellte Einreisevisa als ungültig erklärt wurden. So konnte ich mein Auslandsjahr zwar „normal“ Ende März antreten, aber die Umstände, unter denen ich es nun absolviere, sind selbstverständlich alles andere als normal.

Da sich das Studentinnenwohnheim, in dem ich wohne, in Kanagawa befindet, lebe ich in einer von sieben Präfekturen, in der der Ausnahmezustand bereits seit dem 7. April gilt. Das bedeutet zwar allgemein nur, dass die Präfektur die Bürger dazu anhält zu Hause zu bleiben und Bildungseinrichtungen soweit möglich geschlossen bleiben sollen – und ist damit eine lockerere Maßnahme als vielerorts in Deutschland –, aber es beeinträchtigt natürlich meinen Alltag. So hat beispielsweise das Studentinnenwohnheim Übernachtungen andernorts ohne triftigen Grund untersagt, und die Ferris-Universität musste ebenso wie die HHU auf Online-Unterricht umstellen.

Der Unterricht am Laptop funktioniert, denke ich, so gut es geht. Ich bin die einzige Austauschstudentin, die es dieses Semester nach Japan geschafft hat, und dementsprechend sind die Kursgruppen für den Japanischunterricht sehr klein: je nach Kurs 3-5 Studentinnen auf eine Dozentin. Somit ist das Kursgefühl aber recht authentisch, da wir locker miteinander sprechen und Kameras ohne Probleme einschalten können. In den größeren Kursgruppen funktioniert das nicht so einfach, da dies häufig zu Verbindungsproblemen führt.

Obwohl die Technik also meistens funktioniert, empfinde ich es als sehr seltsam, den Tag so in meinem Wohnheimszimmer zu verbringen und ab und an vom Bett zum Schreibtisch zu wechseln. Ebenso wie viele MoJas in Düsseldorf, vermisse auch ich das Campusleben. Frühere Selbstverständlichkeiten wie der Weg zum Campus, das Treffen von Leuten auf dem Campus und die Nutzung der Campus-Infrastruktur fehlen jetzt schmerzlich und gerade in einem Auslandsjahr sind dies, denke ich, wichtige Eckpunkte, um neue Leute zu treffen und die eigenen Sprachkenntnisse zu vertiefen. Die Ferris-Universität hat mich in dieser Woche mit japanischen Kommilitoninnen verknüpft, um diesem Effekt entgegen zu wirken. Ich stehe jetzt mit drei Japanerinnen in Kontakt, mit denen ich wöchentlich etwa eine Stunde in einer Videokonferenz sprechen soll. Wenn man das so liest, wirkt es vermutlich etwas gezwungen, aber ich bin tatsächlich recht froh über diese Möglichkeit.

Straßenschild zur „Touristenabschreckung“ während der Golden Week („Kommen Sie nicht nach Kanagawa“), Infoblatt des International Office mit Warnungen zu Covid-19

Eine weitere Maßnahme, die meinen Auslandsaufenthalt stark beeinflusst hat, war die Verschiebung der olympischen Spiele auf Sommer 2021 bzw. ihre im Raum stehende Absage. Mein Forschungsprojekt, mit dem ich die Zusage für den Aufenthalt erhalten habe, sollte sich mit der medialen Darstellung von AthletInnen beschäftigen, die mit verschiedenen ethnischen Hintergründen für Japan antreten. Da ich dieses Projekt nun nicht durchführen kann, bin ich derzeit dabei, meine Forschungsfrage neu zu formulieren.

Nach derzeitigem Stand sieht es so aus, dass trotz etwaiger Lockerungen das ganze Sommersemester an der Ferris-Universität online abgehalten werden soll. Allerdings soll wohl der Ausnahmezustand in Kanagawa zum 31. Mai auslaufen, wodurch sich immerhin neue Möglichkeiten in der Freizeitgestaltung ergeben könnten.

Es gibt Tage, an denen ich mir viele Sorgen mache und es gibt Tage, an denen ich meine Situation schrecklich unfair finde, weil ich nicht reisen kann und nicht zum Karaoke darf – aber es gibt auch Tage, an denen ich diese historische Situation immens faszinierend finde und solche, an denen ich irgendwo froh bin, durch sie auch neue Freundschaften geschlossen zu haben.

Ich glaube es ist eine einmalige Situation und trotz der ungewöhnlichen Umstände bin ich doch sehr froh, das Auslandsjahr angetreten zu haben.

Ariane Hertel

2 Kommentare

  1. Luisa sagt

    Vielen Dank, dass du darüber berichtest, wie es dir aktuell in deinem Auslandssemester ergeht. Wirklich interessant zu lesen, wie mit den aktuellen Umständen umgegangen wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass es für dich momentan eine seltsame Situation ist, die mit viel Unsicherheit und Ungewissheiten verbunden ist. Bestimmt kannst du trotz allem wertvolle Erfahrungen sammeln und dein Austauschsemester hoffentlich genießen 🙂

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